Von Katja Weise Viel Kritikerlob hat Heinz Strunk für seinen Roman 'Der goldene Handschuh' bekommen. Er erzählt darin die Geschichte des Mitte der 1970er-Jahre in Hamburg festgenommen Frauenmörders Fritz Honka. Jetzt hat Strunk den Stoff auf die Bühne gebracht - zusammen mit Rocko Schamoni und Jacques Palminger, seinen beiden Kollegen von Studio Braun. Samstagabend war die Uraufführung am Hamburger Schauspielhaus. Er ist kaum wiederzuerkennen: Die Schultern schief, der Gang seltsam steif, das Gesicht verwüstet. Charly Hübner ist Fritz Honka. ![]() BücherEr zählt zu den Verlorenen, die sich regelmäßig in der Kiezkneipe 'Der goldene Handschuh' volllaufen lassen: 'Guck dir die Leute mal an hier, die sind ihr Leben lang beschissen worden, selbst von der Sonne. Musst du dir mal vorstellen, selbst von der Sonne sind diese Leute hier beschissen worden.' Gewaltiger Aschenbecher. Charly Hübner (Mitte) spielt die Hauptrolle in Heinz Strunks Theaterstück 'Der goldene Handschuh'. Es ist ein Elend. Stéphane Laimé schafft dafür den passenden Bühnenraum: Treppen führen ins Nichts, Leuchtschriften blinken. Sex, Palais d'Amour und der Tresen im 'Goldenen Handschuh' ist ein gewaltiger Aschenbecher mit integrierten Urinoirs. ![]() ARD Hörspieltage: Das Hörspiel 'Der goldene Handschuh' ist nominiert für: Deutscher Hörspielpreis der ARD und ARD Online Award 2017. Der Goldene Handschuh HörbuchDie drei von Studio Braun wären nicht Studio Braun, wenn sie daraus nicht gewaltig Funken schlagen würden, mit grotesken Figuren, viel Überzeichnung und teilweise fast folkloristisch anmutender Musik. Zwitter aus Revue und Kammerspiel Die Bühnenfassung von Strunks eindringlichem Roman ist ein Zwitter aus brachialer Revue und Kammerspiel. Ein knapp zweistündiger Abend mit aus zu viel Showelementen resultierenden dramaturgischen Hängern und sehr intensiven Momenten. Letztere sind vor allem Charly Hübner zu verdanken - und zwei großartigen Schauspielerinnen an seiner Seite: Bettina Stucky und Lina Beckmann. Sie verkörpern Frauen, die im Leben von Fritz Honka eine Rolle spielen, die er mit in seine vollkommen verdreckte Dachkammer nimmt, um mit ihnen zu saufen und sie sich sexuell gefügig zu machen. In seinem Roman 'Der goldene Handschuh' fängt Heinz Strunk das Milieu auf St. Pauli ein, vor dem man schnell Reißaus nimmt, sollte man wider Erwarten mit ihm in Berührung kommen. Charly Hübner als Idealbesetzung Charly Hübner ist eine Idealbesetzung. Denn ihm gelingt es, das auf die Bühne zu transportieren, was auch Strunks Roman auszeichnet: Honka ist eklig, fies, ein brutaler Mörder. Und doch anrührend, ja bemitleidenswert in seinem Bemühen, ein 'normaler Mensch' zu werden, als ihm das Leben endlich eine Chance zu geben scheint und er einen Job als Nachtwächter ergattert: 'Ich führe jetzt ein stinknormales Leben, stinknormal. Ist sowieso das Allerwünschenswerteste, stinknormal. Und wenn ich frei habe, dann mache ich auch alles stinknormal, so wie Hafenrundfahrt, Zoobesichtigung und das alles.' Das muss scheitern. Wie Hübner das zeigt, die Verzweiflung, die Wut, die Rückkehr zum Suff ist bemerkenswert. Starker Tobak Der Abend ist starker Tobak, der durch den nassforschen Umgang mit dem Elend und den oft sehr gelungenen, wilden Mix aus Musik, Spiel und Filmeinspielungen erträglich wird. Ein zweiter Handlungsstrang, der von dem dauergeilen Sohn einer reichen Reederfamilie erzählt, sorgt für Abwechslung. Und doch: Charly Hübner ist ein Ereignis, die Gesamtinszenierung kann da nicht mithalten.
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Marzo 2019
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